10 Jahre virtueller Modellbau aus Bischofrode – ein Rückblick

"10 Jahre, die gleiche Sch...e. 10 Jahre, das alte Lied. 10 Jahre, und kein bisschen weise ..." - Diese Passage aus einer Hymne der unvergessenen "Böhsen Onkelz" beschreibt meine Zeit mit "Eisenbahn.Exe European Class" (EEEC) und dem Nachfolger "Eisenbahn.Exe Professional" (EEP) wohl recht heftig, aber doch auch treffend. Es gab sehr viel Licht und gelegentlich auch Schatten. Wie heißt es doch so schön, wer das eine will, muss das andere mögen ;o). Nachfolgend möchte ich einige meiner Erfahrungen und Eindrücke aus 10 Jahren virtuellem Modellbau schildern.

Anfang:
Begonnen hat alles ganz harmlos, wie die meisten Hobbys. Schleichend fängt man sich einen Virus ein, ohne sich dessen gleich bewusst zu werden. Irgendwann im August oder September des Jahres 1999, bin ich in einer Ausgabe der Zeitschrift "PC-Games" über eine winzige Anzeige für das Programm "Eisenbahn.Exe European Class" gestolpert. Nach kurzer Recherche im damals für mich noch recht neuen Medium Internet, bestellte ich am 25.Oktober 1999 ein Exemplar dieser Software, dazu die beiden Zusatz-CDs "Lokomotiv- und Waggonbau Wuppertal" vom Ernst Tollknäpper. Der stolze Preis von 156,00 DM war dafür zu entrichten. Mittlerweile hat sich in meinem Schrank ein ziemlich vollständiges Sammelsurium von Programmversionen und Erweiterungen rund um "Eisenbahn.Exe" angesammelt.

Recht schnell kam auch bei mir der Wunsch auf, eigene Modelle zu erstellen. So griff ich denn am 15.März 2000 zu und bestellte mir den sogenannten "Konstruktor" (Vorgänger des heutigen "Nostruktors" und des "Mod!X"). Die zugehörige achtseitige "Anleitung" zum Konstruktor besitze ich immer noch und ich schmunzle auch heute noch gern darüber. Foren oder Workshops gab es damals nicht zu dem Thema, aber man kam auch ohne diese sehr schnell hinter die Funktionen der Software. Dazu gab es viele wertvolle Tipps anderer Konstrukteure. Erste eigene Modelle waren einige Container und dazu zwei Kräne, diese erschienen noch auf der Homepage vom Ernst Tollknäpper, wie anfangs die meisten Modelle.

Bis zum Juli des Jahres 2000 hatte sich dann bereits eine stattliche Anzahl eigener Modelle angesammelt, so das ich am 19.Juli 2000 meine erste eigene Homepage eröffnet habe. Diese verzeichnet bis heute einen erfreulichen, stetigen Strom von Besuchern. Aktuell waren es laut Counter über 400.000 Gäste.

Software Untergrund:
Die Geschicke rund um "EEEC" und "EEP" (zumindest der ersten Versionen) wurden von der kleinen Firma "Software Untergrund" aus Freiburg im Breisgau geleitet. Thorsten Lensing war für das Management zuständig und Marc Horstmann das geniale Programmiererlein in der dunklen Kammer. Beide waren zudem gleichwertige Geschäftsführer. Dazu kam noch Andreas Misch, als Angestellter und Mann für alle Fälle.

Neue Version:
Die einfache Polygongrafik von EEEC, konnte nicht lange überzeugen oder gar fesseln. Es gab zwar bereits bescheidene Möglichkeiten, Modelle mit vorhandenen Texturen aufzuwerten, aber so richtig gut sah das auch nicht aus. Am 01.Dezember 2001 wurde daher die erste Version "Eisenbahn.Exe Professional" veröffentlicht. Ein recht instabiles und problembehaftetes Programm, das von der heutigen Version 6 um Welten entfernt war. Auch von mir waren einige Modelle auf der Grundversion enthalten. Die beteiligten Konstrukteure wurden in der Danksagung erwähnt. War alles schon irgendwie toll, man war durchaus auch stolz auf diese Ehrung. Der Programmcode für diese erste EEP-Version wurde wie bei EEEC nur von einer einzigen Person geschrieben (Marc Horstmann). Diese Leistung verdient auch heute noch allergrößten Respekt ! Allerdings zeigte sich bereits da schon ein recht großes Problem. Auf die Wünsche und Anregungen von Usern wie Konstrukteuren wurde seitens Software Untergrund leider nur zögerlich eingegangen, wenn es denn überhaupt dazu kam. Schade, hier wurde und wird auch heute noch viel Potential vergeben ...

Vertriebswege:
Neben den kostenlosen Modellen auf den bekannten Homepages, wurde nach erscheinen von EEP auch ein Webshop mit kostenpflichtigen Angeboten eingeführt. Die Diskussionen darüber sind heute wie damals kontrovers. Muss so was sein, muss es nicht sein ? Warum, wieso, weshalb ? Egal ! Fakt ist, es ist jedem Konstrukteur selbst überlassen, ob er seine Modelle kostenlos oder kostenpflichtig weitergibt. Man wird zu nichts gezwungen. Bei der Qualität und dem Detailreichtum, den der Modellbau für EEP bis heute erreicht hat, gibt es keine Argumente mehr gegen den Webshop. Die Preise sind in den meisten Fällen erfreulich niedrig geblieben. Häufig ist nur ein symbolischer Betrag zu entrichten, der in keinem Verhältnis zu den Anstrengungen und der Zeit steht, die mittlerweile in Modelle und Anlagen investiert wird.

Der erste Webshop wurde noch von Software Untergrund selbst betrieben. Irgendwann im Laufe des Jahres 2003 wurde aus mir bis heute nicht verständlichen Gründen CTR (Computertechnik Riesterer) mit der Betreuung dieses Webshops beauftragt. Da die Chemie zwischen CTR und einigen Konstrukteuren von Anfang an nicht stimmte (nicht grundlos, wie sich mehrfach bestätigen sollte), wurde Software Untergrund um die Genehmigung gebeten, einen eigenen Webshop zu betreiben. Diesem Anliegen wurde durch Thorsten Lensing nach Abwägung der vorgebrachten Gründe auch entsprochen. Volkhard Ramsenthaler erstellte daher unter der Adresse http://www.vora.de/ einen weiteren Webshop. Dort wurden Anfangs die Modelle von Andreas Hempel, Rolf Westphalen, Rudolf Tüllmann, Stefan Gothe, Uwe Keil, Volkhard Ramsenthaler und letztlich auch mir vertrieben. Aus persönlichen Gründen bin ich dort jedoch wieder ausgestiegen und habe kurzzeitig auf meiner eigenen Homepage einen Webshop betrieben (vom Juni 2005 bis März 2006). Das erste Modell darin war die bekannte Waschanlage, bis heute ein Verkaufsschlager. Nachdem die Rechte an EEP auf die Fa. Trend übergegangen waren, habe ich meinen eigenen Webshop zu Gunsten des neu eingerichteten Trend-Webshops geschlossen und vertreibe meine Modelle seither dort.

Grabenkriege:
Zu EEEC-Zeiten gab es noch eine richtig gute Zusammenarbeit unter den Konstrukteuren. Eine erste große Differenz zwischen zwei Konstrukteurslagern trat eigentlich erst mit der Abspaltung der Vora-Gruppe vom CTR-Webshop auf. Die meisten Reibereien gehen auch heute noch auf diesen Umstand und in diese Zeit zurück. Das alles aber eigentlich nur, weil eine einzige Person mit einem Gespinst von Lügen und Halbwahrheiten versuchte, sich am Eigentum anderer Leute schadlos zu halten. Manch einer hat dies eher begriffen, andere später oder leider bis heute immer noch nicht.

Foren:
Ein unerschöpflicher Quell an Wissen für alle EEP-Anwender sind die Internetforen. Hier kann man sich mit Gleichgesinnten austauschen und bekommt in der Regel bei Problemen schnelle Hilfe. Die Community ist super, man trifft dort sehr viele hilfsbereite Menschen, aber auch den einen oder anderen Selbstdarsteller. Über EEP findet man hier recht viel Wissenswertes. Vorteil dabei ist auch, dass man diese Informationen über einen längeren Zeitraum noch nachlesen kann, sofern sie nicht durch unglückliche Umstände verloren gehen. Leider ist hier auch Vorsicht geboten, werden doch gerade diese Plattformen und die Anonymität des WorldWideWeb gerne dazu genutzt, um (vornehmlich negative) Stimmung zu machen oder gezielt Gerüchte und Unwahrheiten zu verbreiten. Auch ist der manchmal recht raue Umgangston nicht jedermanns Sache.

Trend:
Nachdem im Jahre 2005 (oder war es 2006) die anfängliche Streitigkeiten um die angeblichen Besitzansprüche rund um EEP gerichtlich beigelegt wurden, ist seither die Fa. Trend aus Buggingen als Nachfolger von Software Untergrund für dieses Programm verantwortlich. Der Geschäftsführer ist Jürgen Ludwig. Mittlerweile arbeiten mehrere Programmierer an der Software und es hat sich am eigentlichen Programm und dem zugehörigen Nostruktor eine Menge getan. Letztlich fanden doch auch viele der immer wieder vorgebrachten Wünsche und Anregungen Gehör. Von den Verantwortlichen aus der EEEC-Zeit ist heute nur noch Andreas Misch übrig geblieben. Sozusagen die einzige Konstante, wenn auch die Kommunikation mit ihm nicht immer einfach ist.

Modelle/Anlagen:
Meine ersten EEEC-Modelle mag ich mir heute gar nicht mehr anschauen. Einfache Polygone, gruselige Farben, die Maße grob geschätzt. Spaß gemacht hat es trotzdem und angenommen wurden sie immer gut. Wie oben erwähnt, gab es zuerst Container und dazu passende Kräne, an eine Ladefunktion war noch lange nicht zu denken. Es folgten Fahrzeuge und Immobilien verschiedener Art, beispielsweise der "Blue Tiger" und die "Kohlemine Grube Hildegard", die von den Usern sogar zum "Modell des Monats" gekürt wurde.

Auch meine ersten EEP-Modelle sind heute kaum mehr ansehnlich, sofern sie nicht zwischenzeitlich ein Update erfahren haben. Ich habe mich nicht auf ein bestimmtes Gebiet festgelegt, die angebotene Modellpalette ist breit gefächert. Ob Drehscheibe/Schiebebühne mit entsprechenden Lokschuppen, kleine und große Dieselloks (BR 312 oder 290 der DB, die 107er der DR, amerikanische GPs), schnittige Elektroloks (die Knödelpresse und ihre tschechischen Ableger) oder Exoten wie die V 80 der DB, das Angebot ist vielfältig. Dazu gibt es Wassertürme, Getreidespeicher, Landhandel, Stellwerke, Tankstellen oder ein komplettes Kieswerk, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch spezielle Modelle wie Kräne, Trajektfähren und Bahndienstfahrzeuge (z.B. der ORT) sind entstanden. Besonders am Herzen lagen mir die NOHABs, die in vielen Farbvarianten erschienen sind. Ob die Schwebebahn für EEP ein Erfolg wird bleibt abzuwarten. Besonders spannend fand ich die Auftragsarbeit für die "Schachtanlage Asse II". Modelle und Präsentationsanlagen waren zu erstellen, die Auftraggeber waren von den Möglichkeiten die EEP bietet schlichtweg begeistert. Erstaunlicherweise gehen auch meine kleinen EEP-Anlagen im Stil der heimischen Modelleisenbahnen immer wieder weg, wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.

Gefährten:
Im Laufe der Zeit sind mir durch EEEC/EEP viele Leute über den Weg gelaufen. Mit einigen pflege ich seit Jahren "nur" regelmäßigen Kontakt, in anderen Fällen sind langjährige Freundschaften entstanden. Zu nennen wären hier zuerst Andreas Hempel, Stefan Gothe, Uwe Keil und Rolf Westphalen, die alle schon seit EEEC dabei sind, auch wenn die beiden letzteren sich leider von EEP abgewandt haben. Nicht vergessen darf ich aber Klaus-Dieter Dolezal, Bernhard Dittforth und Thomas Martin die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stehen und mich unterstützen, wo sie nur können. Haymo Bogg half mir mit seinem umfangreichen Mathematikwissen oftmals bei komplizierten Berechnungen auf die Sprünge. Jobst Petig aus Berlin, der auch meine Leidenschaft für Gartenbahnen teilt, ist ein häufiger und sehr gern gesehener Gast in unserem Haus. Dann wäre da auch noch der "ungebetene Lehrling" aus Saarbrücken. Mit Stefan Bock telefoniere ich fast täglich und unser erster Mailwechsel sorgt bei uns auch heute noch regelmäßig für Heiterkeit. Ein Gruß geht ebenso an alle anderen, die ich hier nicht explizit erwähnt, aber keinesfalls vergessen habe !

Die Anwender:
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich hiermit einmal ganz herzlich bei allen Usern und Besuchern meiner Homepage bedanken, die mich durch ihr Interesse an meinen Modellen ständig von neuem dazu motivieren, mit diesem Hobby weiterzumachen. Auch hier sind im Laufe der Zeit sehr nette Kontakte zustande gekommen, an die ich mich immer wieder gerne erinnere. Für die entgegengebrachte Hilfe, ohne die viele Modelle gar nicht möglich gewesen wären, möchte ich mich an dieser Stelle ebenfalls noch einmal bedanken. Ein extra Gruß geht hiermit ebenso an Hobby-Programmierer wie z.B. Ernst Fasswald und Rüdiger Haydam die uns allen mit ihren hervorragenden Werkzeugen die Arbeit mit EEP wahnsinnig erleichtern.

Veranstaltungen:
Treffen rund um EEP sind immer ein Highlight, ich kann sie jedem nur wärmstens empfehlen. Sei es nur im kleinen Kreis, mit einigen Konstrukteuren, oder im großen Stil mit einem ganzen Haufen anderer User. Das Treffen am 18.April 2003 in Schildow fällt mir sofort ein, da dies das erste und eines der schönsten Treffen war, an dem ich teilgenommen habe. Sensationell war auch die Grillfete bei Andreas Hempel am 03.Juli 2004. Besonders gerne erinnere ich mich an die Sonderfahrten mit der Mansfelder Bergwerksbahn in Helbra (11.Oktober 2003) und mit der Thüringer Waldbahn in Gotha (21.Mai 2005). Bei der letzten Sonderfahrt in Berlin am 30.August 2008 war ich leider "nur" Sponsor, konnte nicht selber teilnehmen. Unvergessen auch der Nostruktor-Workshop am 12./13.März 2005 in Rackwitz. Aber selbst die "Märchenstunde" in Donauwörth am 17./18.März 2004 war abseits des offiziellen Kasperletheaters ein sehr interessantes Treffen mit vielen netten Gesprächen ...

R.i.P.
Leider sind in den vergangenen 10 Jahren einige Konstrukteure vornehmlich durch tragische Krankheiten verstorben. Michael Schaffrath (MS1) habe ich leider nie persönlich gekannt, wir hatten auch keinen Kontakt, soweit ich mich erinnere. Seine Modelle waren und sind eine Bereicherung für EEP. Wilfried Krüger (WK1) traf ich erstmals auf dem EEP-Treffen in Schildow am 18.April 2003. Hatten wir zuerst nur sporadisch Kontakt, nahm dies später bedingt durch seine Arbeit als Angestellter bei der Fa. Trend deutlich zu. Heinz Peter Hey (HH1) durfte ich in Donauwörth kennen lernen. Er war ein sehr sympathischer Mensch. Tief erschüttert war ich, als mir die Tochter vom Claus Brosch (CB1) die Nachricht von seinem Ableben überbrachte. Mit Claus hatte ich recht viel Kontakt. Gerade in einer Zeit als es wieder aufwärts zu gehen schien, als er wieder frischen Lebensmut fasste und neue EEP-Modelle plante, triumphierte die heimtückische Krankheit endgültig.

Nachtrag: Wie mir erst jetzt bekannt wurde, soll Reimund Lieb (RL3) bereits im August 2008 verstorben sein. Ebenso wurde mir erst nachträglich bekannt, das Andreas Brassel (AB2) bereits am 21.April 2009 verstorben ist.

Schlusswort:
"Wer wartet mit Besonnenheit. Der wird belohnt zur rechten Zeit. Nun das Warten hat ein Ende ..." - Abschließen möchte ich meinen kleinen "Aufsatz" wiederum mit einer Passage aus einem Songtext, in diesem Falle stammt dieser von RAMMSTEIN. Wenn ihr euch bis hier unten durchgelesen habt, soll es auch nicht umsonst gewesen sein. Daher gebe ich zu meinem 10-Jährigen Modellbau-Jubiläum selbstverständlich auch einen aus ;o).

Aber was schenkt man dem geneigten User ? Ich habe lange hin und her überlegt, letztlich war es auch eine Frage der mir zur Verfügung stehenden Zeit. Meine Wahl fiel daher auf ein kleines Set aus einer Anlage mit einigen zusätzlichen Modellen, die so bisher noch nicht offiziell erhältlich waren. Diese Anlage habe ich wie oben erwähnt ursprünglich als Präsentation für die "Schachtanlage Asse II" angefertigt und stelle sie hier nun in abgewandelter Form als Jubiläums-Download zur Verfügung. Alles weitere dazu kann in der Anlagenbeschreibung nachgelesen werden.

Bleibt mir abschließend nur, euch allen weiterhin viel Spaß und jede Menge vergnügliche Stunden mit EEP zu wünschen !

Dirk Kanus, 15.März 2010.

Jubiläum 10 Jahre SMFB

Autor: Dirk Kanus
Größe: 4620 kb
Bereitstellung am: 15.03.2010
Update am: ---